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Eltern-Team Porträt #1: Beide arbeiten Vollzeit.

Ina und Max haben sich dafür entschieden, den Family Load fair untereinander aufzuteilen. Sie leben im München, haben zwei Kinder, sind beide festangestellt und arbeiten Vollzeit. Heute geben uns die beiden einen Einblick, wie genau gleichberechtigte Elternschaft in ihrem Fall gelingt. Denn: Es gibt zwar kein Patentrezept für Eltern als Team, aber Beispiele von anderen Paaren können uns inspirieren und Mut machen, unser persönliches Erfolgsrezept für diesen Weg zu finden. Los geht’s:

  • Wie stellt ihr die Kinderbetreuung sicher und wie viel Zeit habt ihr mit euren Kindern?

Ina: „Für unseren normalen Alltag haben wir ein Support-Netzwerk aufgebaut: Zweimal pro Woche unterstützt uns eine Studentin, die wir auf Minijob-Basis angestellt haben. Sie holt die Kinder vom Kindergarten ab, kocht Abendessen und bringt sie manchmal auch ins Bett. Somit können wir an diesen beiden Tagen länger und auch konzentriert an Themen am Stück arbeiten. Die anderen drei Tage teilen wir uns so auf, dass Max (Vollzeit sind bei ihm 35 Stunden, bei mir 40 Stunden) zweimal die Kinder abholt und einmal pro Woche hole ich sie ab. Morgen wechseln wir uns immer ab, wer die Kinder in die Kita bringt. Am Wochenende verbringen wir Zeit mit den Kindern gemeinsam. Ferien überbrücken wir, indem wir abwechselnd frei nehmen oder das Ferienbetreuungsangebot des Kindergartens bzw. des Horts in Anspruch nehmen. Einmal im Jahr fahren wir als Familie gemeinsam länger in den Urlaub – meistens während der Sommerferien für zwei bis drei Wochen.“

  • Wie habt ihr euch die Haushaltsarbeit genau aufgeteilt?

Max: „Die Aufgaben im Haushalt haben wir in zwei Blöcke aufgeteilt: Tägliche Haushaltsarbeit (Spülmaschine ein- und ausräumen, Wäsche waschen und aufhängen) und Wohnung putzen sowie Wäsche legen (alle zwei Wochen). Den Block „Tägliche Haushaltsarbeit“ haben wir uns so aufgeteilt, dass Ina sich um Wäsche waschen und aufhängen kümmert und Max jeden Tag einmal die Küche komplett sauber macht und sich um die Spülmaschine kümmert. Für den großen Putz alle zwei Wochen haben wir eine Haushaltshilfe angestellt. Bevor wir die Haushaltshilfe hatten, habe ich, Max, das Thema Putzen übernommen, aber wenn beide Vollzeit arbeiten geht das dann von der Zeit mit den Kindern ab und es war mir wichtiger, dass ich die Zeit mit den Kindern verbringen kann.“

  • Wie gelingt es euch, Zeit für euch persönlich bzw. für euch als Paar zu finden?

Ina: „Wir daten uns alle zwei Wochen. Dafür tragen wir uns einen Termin in den gemeinsamen Kalender ein und gehen dann entweder gemeinsam Essen oder kochen etwas Schönes zu Hause oder verbringen Zeit im Englischen Garten. Zusätzlich nimmt sich jede/r von uns einmal im Jahr mindestens eine Woche Eltern-Urlaub. Eltern-Urlaub heißt, dass Mama oder Papa alleine (oder mit FreundInnen) in den Urlaub fährt, um abzuschalten. Der/die jeweils andere ist damit eine Woche alleinerziehend. Das ist zwar manchmal anstrengend, aber die Person, die im Urlaub war, bringt einfach super viel positive Energie zurück in die Familie.“

  • Wie habt ihr die Elternzeit bzw. ersten Monate nach der Geburt der Kinder gestaltet?

Max: „Uns war wichtig, dass wir beide Haupt-Ansprechpartner für unsere Kinder sind und jede/r von uns eine Zeit auch alleine Elternzeit nimmt, damit wir beide die Erfahrung machen können wie es ist, alleine mit einem oder zwei Kindern zu Hause zu sein. Es war uns wichtig, dass jede/r von uns zu jedem Zeitpunkt beide Kinder übernehmen kann, ohne, dass es einer großen Übergabe bedarf.“

Ina: „Aus meiner Sicht braucht es für eine chancengleiche Elternschaft geteilten Mental Load. Deswegen haben wir die ersten beiden Monate nach der Geburt zunächst gemeinsam zu Hause verbracht (Max in Elternzeit, ich im Mutterschutz). Für die restlichen Elternzeitmonate haben wir uns dann bewusst für eine fifty-fifty Aufteilung (ich war 4 Monate alleine zu Hause, dann Max Monat 7-12) entschieden, auch wenn es finanziell ein großes Loch in unsere Finanzen gerissen hat. Langfristig hat es sich aber zu 100% gelohnt, weil wir damit beide eine Karriere haben konnten – auch mit Kindern.

  • Was sind eure Stärken als Eltern-Team?

Ina: „Unsere größte Stärke ist, dass wir beide alles im Hinblick auf unsere Kinder übernehmen. Sei es Kita, Schule oder Kinderarzt – wir wissen beide zu jedem Zeitpunkt was der aktuelle Stand ist und was getan werden muss. Wir haben eine sehr enge Kommunikation etabliert, die wir auch während der Arbeit gut aufrechterhalten können. So können wir auch bei spontanen Umplanungs-Aktionen einen kühlen Kopf bewahren. Ein Beispiel: Wir haben einen Messenger, der auf unseren Arbeits-Laptops funktioniert und den wir immer im Blick haben. Wenn also die Kita anruft, dass eins der Kinder abgeholt werden muss, muss nicht automatisch die Person, die angerufen wurde, aufspringen, sondern wir können uns nochmal abstimmen wer von uns beiden heute besser einspringen kann. Das hat es mir schon oft ermöglicht in einem wichtigen Meeting bleiben zu können, weil es für Max in seinem Job einfacher ist, auf solche spontanen Situationen zu reagieren.

Max: „Leider ruft die Kita/Schule oft zunächst die Mama an. In unserem Fall funktioniert das aber nicht weil ich unter tags besser erreichbar bin als Ina. Mein Profi-Tipp: Immer die Nummer des Vaters bei der Kita/Schule an erster Stelle angeben – damit landen nicht alle Telefonate automatisch bei der Mutter. Zusätzlich nutzen wir eine App, mit der wir Themen rund um Haushalt und Kinder strukturieren und wöchentlich planen. Damit schaffen wir es, den Mental Load transparent zu machen und auf zwei Köpfe zu verteilen.

  • Welche Tools nutzt ihr genau, um euch zu organisieren?

Ina: „Wir nutzen einen gemeinsame Online Kalender (die auch die Arbeitskalender, des jeweils anderen beinhalten) für unsere Wochenplanung. Mit der App Trello strukturieren wir unsere Family-To-dos. Außerdem haben wir ein Familien-Wiki für Packlisten und Informationen rund um die Familie (z.B. alles rund um Versicherungen, damit im Notfall beide wissen welche Versicherung angerufen werden muss).“

  • Gibt es Dinge, die nicht so gut klappen? Wie geht ihr damit um?

Ina: „Selbstverständlich läuft nicht immer alles rund. Wenn ich stressige Phasen in meinem Start-up Job habe, fühlt sich Max oft so als würde er alles alleine machen. Parallel hat Max selten Lust weit voraus zu planen, was mir das Gefühlt gibt, Urlaube vollständig alleine planen zu müssen. Hier gab es in den letzten Jahren oft Reibereien und wir haben deswegen sogenannte „Retrospektiven“ aus der Agilen Arbeitsmethodik bei uns eingeführt. Das bedeutet, dass wenn eine/r von uns anfängt, sich mit einer Situation unwohl zu fühlen, nehmen wir uns einen Abend Zeit und reflektieren was z.B. in den letzten drei Wochen gut oder schlecht gelaufen ist.“

Max: „Hier ist gegenseitiges Zuhören extrem wichtig. Danach leiten wir Maßnahmen ab, die wir dann auch schriftlich festhalten und in eine Schublade legen. Nach einer Woche schauen wir dann, ob unsere Maßnahmen geholfen haben oder ob wir sie nochmal anpassen müssen. Damit haben wir einen strukturierten Rahmen innerhalb dessen wir uns unserem Ärger Luft machen können und gleichzeitig lösungsorientiert bleiben“.

  • Was ist euer bester „Eltern-Hack“, den ihr mit anderen teilen möchtet?

Max: „Die Elternzeit fifty-fifty aufzuteilen, damit beide mehrere Monate alleine mit dem Kind zu Hause sind. Außerdem tut ein regelmäßiger Check gut, ob jede/r von beiden zu jedem Zeitpunkt einfach 100% des Familienmanagements ohne große Übergabe übernehmen könnte. So ein Check funktioniert eigentlich nur, indem eine/r von beiden für ein paar Tage in den Urlaub fährt und man bewusst darauf achtet, wie viel Übergabe notwendig war.“

  • Zum Abschluss: Warum ist aus eurer Sicht gleichberechtigte Elternschaft so wichtig?

Ina: „Das eigentliche Ziel einer gleichberechtigten Elternschaft ist Chancengleichzeit und Selbstverwirklichung jeder Person, auch wenn man Kinder bekommen hat. Dafür muss jedes Elternteil nicht nur Zeit für sich haben, sondern auch den Kopf für andere Dinge als „nur“ Kinder und Familie freibekommen. Hierzu ist entscheidend, sich nicht nur die Aufgaben, sondern den gesamten Mental Load als Elternpaar aufzuteilen. Kinder sind wichtig – selbstverständlich. Aber auf die gesamte Dauer eines Erwachsenenlebens gerechnet, ist es in der Regel ein sehr begrenzter Zeitraum, indem Kinder vollständig von uns als Eltern abhängig sind. Für dieses Zeitfenster sollte niemand einen Karriereknick mit langfristigen finanziellen Auswirkungen hinnehmen müssen. Das wird möglich, wenn Eltern sich als echtes Team verstehen und aufstellen“.