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Rechtliche Grundlagen gendergerechter Pädagogik

In meiner jüngsten Schulung mit Fachkräften im offenen Ganztag von Grundschulen haben wir – neben der ganz praktischen Umsetzung des Themas im pädagogischen Alltag – einmal die rechtlichen und politischen Grundlagen gendergerechtigte Pädagogik genauer unter die Lupe genommen. Und es zeigt sich: Gendergerechtigkeit ist kein „nice-to-have“ sondern expliziter Bildungsauftrag. Ein Überblick:

Vereinte Nationen

Schon 1968 trat in Deutschland die „UN-Konvention gegen Diskriminierung im Unterricht“ in Kraft, mit der die Festlegung und Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung einer geschlechtsbezogenen Gleichbehandlung zur grundlegenden Bildungsaufgabe geworden ist. Ebenso hat Deutschland 1985 die UN-Frauenrechtskonvention ratifiziert – dem wichtigsten internationalen Instrument zum Schutz der Menschenrechte von Frauen. Nicht zuletzt ist Geschlechtergerechtigkeit als 5. Punkt in den Nachhaltigkeitszielen der UN verankert.

Europa

Auf europäischer Ebene finden wir das Gender Mainstreaming Gesetz, das auf die „Einbeziehung der Dimension der Gleichstellung von Frauen und Männern in alle Politiken und Maßnahmen der Gemeinschaft“ zielt. Persönlich mag ich den Begriff „Gender Mainstreaming“ zwar nicht besonders, weil es im ersten Moment stark nach Gleichmacherei klingt. Doch in der Definition des Europarates von 1998 dazu können wir nachlesen, worum es eigentlich geht: Gender Mainstreaming hat das Ziel „eine geschlechterbezogene (gleichstellungsorientierte) Sichtweise in alle politischen Konzepte, auf allen Ebenen und in allen Phasen, durch alle an politischen Entscheidungen beteiligten Akteure und Akteurinnen einzubeziehen“. Konkret wird es im Amsterdamer Vertrag: Bei allen (…) Tätigkeiten wirkt die Gemeinschaft darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern.

Bundesrepublik Deutschland

In Deutschland regelt der im Grundgesetz verankerte Artikel 3:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Ausgehend vom diesem Handlungsauftrag sieht sich auch das staatliche Schulwesen dem Ziel verpflichtet, die tatsächliche Durchsetzung von Frauen und Männern zu fördern und aktiv auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin zu wirken. So hat die Kultusministerkonferenz (oder soll ich schreiben die Kultusminister*innenkonferenz 😉 in ihrer Leitlinie zur Sicherung der Chancengleichheit durch geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung von 2016 sehr konkret aufgelistet wie und warum dies bezogen etwa auf folgende Handlungsfelder umzusetzen ist:

  • Prüfungsaufgaben
  • Lehr- und Lernmittel
  • Lehramtsausbildung und-fortbildung
  • Übergreifende Maßnahmen wie Sprache, Gestaltung des Schullebens, Berufsorientierung, Zusammenarbeit mit den Eltern, Medienerziehung usw.

Denn: „Das Schulsystem als eine frühe Sozialisationsinstanz bietet die Chance, Bildungsangebote gezielt in einer Weise zu gestalten, dass geschlechterbezogene
Benachteiligungen aufgelöst bzw. vermieden werden.“

Bundesländer

Die Bundesländer haben diese Leitlinie dann in ihren jeweiligen Bildungsplänen verankert, so etwa hier nachzulesen für:

Apropos Kitas: Das sogenannte „Gute-Kita-Gesetz“ von 2019 widmet sich ebenfalls dem Thema „“Abbau geschlechtsspezifischer Stereotype”.

Gut gewappnet mit diesen Grundlagen konnten wir dann in der Schulung so richtig in die Praxis einsteigen: Wie sind wir selbst geprägt? Was sind die wichtigen Zahlen, Daten, Fakten und Begrifflichkeiten rund um das Gender-Thema? Wie sind wir in unserer Einrichtung dazu aufgestellt? Und wie können wir gendergerechte Pädagogik ganz praktisch umsetzen? Das Fazit meiner Teilnehmenden: „Es waren einige Augenöffner dabei und hat richtig Spaß gemacht. Wir nehmen viele Anregungen aus dem heutigen Tag mit!“